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PtL-Roadmap – Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube

Vereinbarung zu klimafreundlichen Flugkraftstoffen

Letzte Woche haben das Umweltministerium (BMU) und das Verkehrsministerium (BMVI) zusammen mit weiteren Ministerien und Vertretern der Industrie einen Fahrplan – die PtL-Roadmap – für den Markthochlauf klimafreundlicher PtL-Flugkraftstoffe vereinbart. Die PtL-Roadmap soll die Grundlage schaffen, um bis 2030 mindestens 200.000 Tonnen nachhaltiges Kerosin jährlich für den deutschen Luftverkehr zu produzieren.

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PtL-Roadmap

Die PtL-Roadmap beschreibt den Stand der technischen Entwicklung zur Produktion von PtL-Fuel auf Basis der Fischer-Tropsch-Synthese, vom Strombezug aus Erneuerbaren Quellen bis zu Fragen der Transportlogistik. Ein eigenes Kapitel beschäftigt sich mit Nachhaltigkeitskriterien die richtigerweise mit Planung und Bau von PtL-Produktionsanlagen entwickeln werden müssen damit PtL-Fuel einer nachhaltigen Luftfahrt Vorschub leisten kann. Die Förderung des gewünschten Markthochlaufs wird beschrieben und darauf hingewiesen, dass allein aus dem Energie- und Klimafond des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) insgesamt 1,3 Mrd. Euro für die Erzeugung und den Markthochlauf von PtL-Fuel zur Verfügung stehen. Die PtL-Roadmap kann als pdf-Datei bezogen werden und steht z.B. unter dem folgenden Link zum Download bereit: PtL-Roadmap – Nachhaltige strombasierte Kraftstoffe für den Luftverkehr in Deutschland

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Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube

Die Vereinbarung zur PtL-Roadmap ist natürlich zu begrüssen – ein richtiger und wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer nachhaltigen und somit auch klimafreundlichen Luftfahrt. Mir fehlt da jedoch etwas der Glaube, dass diesen schönen Worten auch wirklich die entsprechenden Taten, will sagen PtL-Produktionsanlagen, zeitnah folgen.

Als gemeinnütziger Verein und Luftfahrtverband beschäftigen wir uns in der IASA fast seit unserer Gründung im Jahre 2013 mit dem Thema Power-to-Liquid. Damals mussten wir unseren Gesprächspartnern zunächst noch erklären für was denn die Abkürzung PtL steht und wozu das gut ist. Heute dagegen ist der Begriff PtL in aller Munde, was wir sehr begrüssen.

Ein klein wenig haben wir mit unseren Beiträgen und Projekten auch dazu beigetragen, dass eine breite Öffentlichkeit inzwischen von der Alternativlosigkeit von synthetischen Flugkraftstoffen aus Erneuerbaren Energien überzeugt ist. Nur so kann die Luftfahrt die gesetzten Klimaziele erreichen, denn flüssige Kraftstoffe mit hoher Energiedichte werden in der Luftfahrt noch etliche Jahrzehnte notwendig sein, bis eine neue Technologie vielleicht einmal darauf verzichten kann.

Dennoch, so begrüßenswert die Vereinbarung zur PtL-Roadmap auch ist, ist sie zunächst einmal nur ein Stück Papier. Beim Thema PtL wird noch sehr viel von Pilotprojekten und Forschungsbedarf geredet, auch jetzt noch in der PtL-Roadmap. Dabei sind nach unserem Kenntnisstand alle notwendigen Technologien für eine industrielle PtL-Produktion in Deutschland vorhanden und auch Erneuerbare Energien stehen in ausreichendem Maß zur Verfügung oder können mittelfristig bereitgestellt werden. Viel wird auch davon abhängen, ob der Zugang zu den reichlich vorhandenen Fördermitteln für PtL-Fuel nun auch unbürokratisch zur Verfügung gestellt wird.

Wir müssen uns auch nicht der Fluchtbewegung in die Atacama-Wüste anschließen, in der es – nach Meinung vieler – im Gegensatz zu unseren Breiten allein wirtschaftlich ist, PtL-Produktionsanlagen zu bauen und zu betreiben. Die Kosten für Photovoltaik- und Windkraft-Anlagen haben inzwischen auch bei uns ein Level für die Stromproduktionskosten erreicht, die einen wirtschaftlichen Betrieb von PtL-Produktionsanlagen auch in Mitteleuropa ermöglichen.

Bereits in der Koalitionsvereinbarung der jetzigen Regierung ist die Förderung von PtL-Kraftstoffen festgeschrieben worden. Damals, im Jahr 2017, lange ist es her, hatten wir die große Hoffnung, dass damit PtL-Demonstrations-Projekte stark gefördert werden und der Zugang zu entsprechenden Fördermitteln einfach und unbürokratisch wäre. Weit gefehlt! Bis zum ersten Corona-Jahr haben wir als Luftfahrtverband bei den verschiedenen Ministerien und Ämtern angeklopft und versucht, ein PtL-Demonstrationsprojekt gefördert zu bekommen. Was am Anfang oft einfach aussah, stellte sich dann immer als bürokratischer Hindernislauf heraus, der früher oder später zum Erliegen kam, uns aber bis dahin nicht entmutigen konnte.

Schließlich wurden unsere hartnäckigen Nachfragen in den Ämtern und Ministerien, dann wohl zu viel, denn man sagte uns schließlich sehr direkt, dass wir uns nicht mehr zum Thema PtL-Projekt melden sollen, man werde sich wieder bei uns melden, wenn es soweit ist. Wir warten heute noch. Ich glaube auch nicht, dass wir da einen Einzelfall darstellen. Wäre dies so, dann müssten anderen Organisationen inzwischen Erfolg gehabt haben und die ersten PtL-Produktionsanlagen müssten laufen. Mir ist keine einzige PtL-Produktionsanlage in industriellem Maßstab bekannt, die in Betrieb wäre.

Das alles lässt mich zweifeln, ob die mit Sicherheit gut gemeinte PtL-Roadmap uns dem gemeinsamen Ziel – eine nachhaltige und klimafreundliche Luftfahrt – wirklich näher bringt, oder sich sehr schnell auch als Papiertiger herausstellt. Wir sind jedenfalls bereit unser Wissen und Know-how als Luftfahrtexperten, insbesondere auch unser Zertifizierungssystem für Nachhaltigkeit in den Dienst der PtL-Roadmap zu stellen, falls es gewünscht ist und diesmal schnell und unbürokratisch gehandelt wird.

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Michael Wühle, IASA e.V., Bonn/München 16.05.2021